Frau Wirsching, was gefällt Ihnen am Silvaner?

Andrea Wirsching: Der Silvaner ist ein moderner Wein, allerdings kein Modewein. Modern ist er, weil er wunderbar zum Essen passt. Dabei hat er wegen des hohen PH-Wertes unserer Böden wenig Säure, sondern ist mineralisch und kräutrig und dabei immer durchgegoren, also ohne Süße. Er unterstützt damit alle feinen und ursprünglichen Aromen von frischen Lebensmitteln, seien es Gemüse oder beispielsweise Fisch. Ihn auf Spargelwein zu reduzieren, wäre viel zu kurz gesprungen. In den USA haben wir mittlerweile viele Sterne-Restaurants, die ihn als Begleiter zu besten Grundzutaten schätzen.

Welche Silvaner sind Ihre Favoriten?

Andrea Wirsching: Seit meiner Kindheit gibt es bei uns den trockenen Silvaner, der heute als Iphöfer Silvaner VDP.Ortswein auf der Liste steht. Der ist total ehrlich, völlig trocken und liegt bei mir immer im Kühlschrank. An heißen Sommertagen mache ich mir oft eine Schorle damit, ansonsten kommt er auf den Tisch, sobald es Essen gibt - außer beim Frühstück - und ist mein „Allrounder“. Wenn’s etwas feiner werden soll, muss es ein Julius-Echter-Berg sein und wenn ich etwas zu feiern habe, öffne ich immer einen Sister.Act, von dem wir nur eine kleine Auflage produzieren.

Was halten Sie von gereiften Silvanern?

Andrea Wirsching: Gereifte Silvaner aus Ersten oder Großen Lagen sind wunderbar. Es gibt ja heute eine völlig neue vegetarische Küche mit viel fermentiertem, getrocknetem oder geräuchertem Gemüse. Gerade dazu passen sie besonders gut. Aber man muss es halt wissen oder das Glück haben, gut beraten zu werden.

Wie reagieren der deutsche Handel und das Ausland auf Ihre Silvaner?

Andrea Wirsching: Im deutschen Handel hat der Silvaner meist nicht den Status wie etwa der Riesling oder Burgundersorten. Das liegt daran, dass er in den Regionen außerhalb Frankens immer der einfachere Weintyp ist und sich kaum jemand die Mühe macht, ihn zu einem Premier- oder Grand Cru auszubauen. Aber das ändert sich gerade. Das Weingut Trimbach im Elsass füllt ihn wieder als Lagenwein ab und auch deutsche Spitzenwinzer wie zum Beispiel das Weingut Keller in Flörsheim entdecken ihn neu. Insgesamt gibt es weltweit viel zu viel Wein und bei all der Konkurrenz könnte man sich mit dieser uralten Rebsorte wieder profilieren. Immerhin war Silvaner vor 100 Jahren die meistangebaute Rebsorte in Deutschland. Er hätte also das Zeug, eine deutsche Spezialität zu werden. Wenn wir den internationalen Markt und die internationale Konkurrenz ansehen, würde das Sinn machen, statt mit viel höheren Kosten internationale Rebsorten anzubauen, mit denen wir vor allem die deutsche Klientel ansprechen. Die wird schrumpfen und wir werden um einen Blick über den Tellerrand hinaus nicht herum kommen.

Hat Silvaner trotz Klimawandel eine Zukunft bei Ihnen?

Andrea Wirsching: Es spricht sich gerade herum, dass der Silvaner mit dem Klimawandel hervorragend klar kommt. Er ist eine alte Rebsorte, wurde also nicht auf „Turbo“ gezüchtet und verliert daher bei Hitze nicht so viel Wasser über seine Blätter. Außerdem hat er im Falle eines Spätfrostes die Fähigkeit, über einen guten zweiten Austrieb noch eine annehmbare Ernte zu produzieren, die auch reif wird. Er ist nicht so anfällig für Sonnenbrand wie zum Beispiel der Riesling und nicht so pilzempfindlich wie etwa die Scheurebe. Alle Extreme, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, hat er vergleichsweise gut überstanden. Dabei schafft er es, hochkomplexe Weine zu produzieren. Für uns wird er immer die wichtigste Rebsorte bleiben.

 

Frau Wirsching, herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg und alles Gute.