Denn viele Winzer ersetzen ihre Rebstöcke nach gut 30 Jahren, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so ertragreich sind. Dabei sind alte Rebanlagen gerade auch in Zeiten des Klimawandels von Bedeutung. Schließlich halten diese Rebstöcke wegen ihres tiefen Wurzelsystems Trockenphasen länger durch. Auch in Bezug auf Qualität gibt es gute Argumente für die teils spektakulär aussehenden alten Stöcke. Durch die nicht selten 20 Meter langen Wurzeln, die sozusagen die Mineralität des Terroirs aufsaugen, und die im Laufe der Zeit auf natürliche Weise reduzierte Traubenmenge entstehen konzentrierte, dichte und lagerfähige Weine. Ein Beispiel dafür sind die entsprechenden Rieslinge der Mosel-Winzerin Sarah Gessinger, die teils mehr als 100 Jahre alte Rebstöcke bewirtschaftet.

"Solche Museumsweinberge sind wahre Schätze. Hier finden sich nicht selten alte Rebsorten oder vergessene Qualitätsklone", meint Winzer Markus Schmachtenberger, der in der Lage Randersacker Sonnenstuhl einen Mischklon von grünen, gelben und roten Silvanertrauben aus dem Pflanzjahr 1966 entdeckte. "Weine von Alten Reben haben eine höhere inhaltliche Fülle und mehr Ausdruck", ist er überzeugt. "Im Vergleich zu Weinen aus jungen Rebanlagen erreichen diese selten die Feinheit, Salzigkeit und Länge von Alten Reben." Über solche Weine schwärmt auch Thomas Fröhlich vom fränkischen Weingut Ilmbacher Hof, der alte Anlagen von Silvaner und Müller-Thurgau besitzt. "Das Mundgefühl bei diesen Weinen ist ein ganz anderes, schön auskleidend mit ausgeprägter würzig-mineralischer Note und langem Abgang", berichtet der Winzer.

Das sind schon Gründe genug, dieses Verkostungsthema beizubehalten. Ein weiterer Punkt ist eher persönlicher Art. Denn es ist schon eine Besonderheit, Weine von Rebstöcken zu genießen, die schon Trauben produziert haben bevor man selbst auf der Welt war.

Als der älteste Weinberg der Welt gilt übrigens der Rhodter Rosengarten in der Pfalz. Bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg standen damals Gewürztraminer-Reben. Über 400 Jahre später gibt es sie zum Teil immer noch und liefern je nach Jahrgang zwischen 50 und 400 Liter.