Schnaps: Obst in seiner schönsten Form
Die alkoholische Gärung – vielleicht fällt einem hier ja sofort der Schüler Pfeiffer (mit drei f – eins vor dem ei und zwei dahinter) aus dem berühmten Heinz-Rühmann-Film „Die Feuerzangenbowle“ ein. Wie beim Wein ist die Gärung auch bei der Destillation, also der Herstellung von hochprozentigen Bränden, die Grundlage. Doch was passiert da eigentlich beim Brennen?
Das Destillieren ist ein chemischer Vorgang. In einem Lexikon für Chemie wird Schnapsbrennen als „Destillation von Alkohol zu Zwecken des Genusses“ definiert. Das Ziel ist also das Gewinnen einer buchstäblich geschmackvollen Mischung aus Alkohol, Wasser und Aromen. Wie bereits angeführt ist die Gärung die Grundlage: Dabei wird der in den Grundstoffen enthaltene Zucker durch Zusatz von Hefepilzen in Alkohol und Kohlensäure umgewandelt. Zum Einsatz kommen verschiedene Grundstoffe: Obst wie Äpfel, Birnen, Pflaumen und Schlehen oder Getreide wie Weizen oder Roggen. Auch Weintrauben werden zu Schnaps, oder, etwas edler ausgedrückt, Weinbrand verarbeitet.
Die Genese eines edlen Brands beginnt jedoch schon lange vor dem Destillieren, nämlich im Garten. Nur gute und reife Früchte sorgen später dafür, dass die Spirituose ihren vollen Geschmack entfalten kann. Diese werden bis zu sechs Wochen vergoren. Neben den festen Bestandteilen der Früchte, also Kerne, Schalen und Fruchtfleisch bilden sich nach dem Ansetzen durch alkoholische Gärung flüssige und gelöste Stoffe wie Glycerin, Bernsteinsäure, Eiweiße und Aminosäuren, Pektine und Mineralstoffe. Je mehr Fruchtzucker das Obst hat, desto höher ist die spätere Alkoholausbeute.
Der Vorgang, bei dem der Trinkalkohol vom Wasser und anderen unerwünschten Bestandteilen im Dampf getrennt und konzentriert wird, nennt man Destillation. Hierfür werden die komplett vergorenen Früchte in eine Brennblase gegeben. Durch das Befeuern des Brennkessels wird die Maische erhitzt. Hierbei ist Fingerspitzengefühl gefragt: Ein zu schneller Anstieg der Temperatur führt dazu, dass mit den unerwünschten leicht flüchtigen Stoffen auch die charakteristischen Aromen verdampfen. Die festen Bestandteile der Maische setzen sich während des Brennvorgangs am Boden der Brennblase ab, während die flüchtigen Stoffe aus der Maische hingegen in den dampfförmigen Zustand übergehen. Aus diesen Dämpfen wird später das Destillat gewonnen.
Chemische und physikalische Prozesse
Beim Brennvorgang laufen also verschiedene physikalische und chemische Prozesse ab, die für eine Isolation und Konzentration des Alkohols sorgen. Die Alkoholdämpfe steigen auf und sammeln sich in einem zylindrischen oder kugelförmigen Behälter, aus dem das „Geistrohr“ sie in ein System von Gefäßen leitet, die der Trennung von Alkohol und Wasser durch Kondensierung dienen. Soll beim Brennvorgang ein möglichst hoher Alkoholgehalt erreicht werden, führt das Geistrohr zunächst in die Verstärkereinheit, wo sich durch Kondensation ein Flüssigkeitsspiegel aus Wasser und Alkohol bildet, durch den weitere Alkoholdämpfe aufsteigen.
Aus diesem hochkonzentrierten Alkoholdampf wird nun flüssiger Trinkalkohol gewonnen. Hierfür wird der Dampf in einer Art Gegenstromanlage heruntergekühlt: Während der heiße Dampf oben in den Kühler eintritt, wird in Kühlröhren kaltes Wasser in entgegengesetzter Richtung daran vorbeigeführt. Das Kühlwasser nimmt dabei die Wärme des Dampfes auf, der kondensiert und dabei in einen flüssigen Zustand übergeht. Das so gewonnene Destillat sammelt sich unten am Kühler in einem kleinen länglichen Behälter mit Überlauf, wo der Alkoholgehalt gemessen wird. Das gibt Aufschluss über den richtigen Zeitpunkt zur Abtrennung von Vor-, Haupt- und Nachlauf. Denn Obacht: Destillat ist nicht gleich Destillat! Aufgrund der voneinander abweichenden Siedetemperaturen der Maische-Bestandteile ergeben sich die genannten drei Abschnitte von Stoffen nach der Reihenfolge ihres Verdampfens.
Destillat ist nicht gleich Destillat
Die leicht flüchtigen Stoffe mit niedrigem Siedepunkt wie Acetaldehyd, Ester und Methanol verdampfen zuerst. Das hierbei entstehende Destillat hat einen Alkoholgehalt von 75 bis 90 Prozent. Dieser Vorlauf ist giftig und daher ungenießbar. Der Mittel- oder Hauptlauf schenkt den hochwertigen Trinkalkohol, der bei der Erhitzung der Brennblase entsteht, wenn Ethanol, Wasser sowie die charaktergebenden Aromen zu sieden beginnen. Anfangs hat der Mittellauf einen Alkoholgehalt von etwa 75 Prozent, der im weiteren Verlauf auf die üblichen 45 bis 50 Prozent sinkt. Bei weiter steigender Temperatur entsteht der Nachlauf aus – nomen est omen – minderwertigen Fuselalkoholen wie Propanol, Butanol, Hexanol oder Isobutylalkohol. Dient ein gewisser Anteil an Fuselalkoholen als Geschmacksbote auch im Hauptlauf, führt ein Zuviel rasch zu einer – diplomatisch ausgedrückt – Unverträglichkeit: Der „Kater“ am Folgetag hat nicht nur mit der Menge des genossenen Alkohols zu tun, sondern auch mit dessen Qualität. Zurück zum Hauptlauf: Nach dem Brennen wird das Destillat mit Wasser verdünnt, bis der gewünschte Alkoholgehalt, sprich die Trinkstärke erreicht ist. Anschließend reift der Brand eine längere Zeit zwischen einigen Monaten oder gar Jahren, um seinen vollen Geschmack zu entfalten.
Brand oder Geist?
Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass ein Obstbrand Geschmack und Aroma einzig aus der Sorte bezieht, die ihm den Namen gibt, also Schlehen-, Kirsch- oder Birnenbrand. Der gesamte Alkohol im fertigen Brand entsteht hier aus dem Zucker, der im Obst vorhandenen ist. Band ist eine Qualitätsstufe, andere Schnäpse tragen die Bezeichnung Spirituose. Geläufig ist hier auch der Name „Geist“: Dabei stammt der Alkohol nicht aus dem Vergären von Früchten, sondern aus geschmacksneutralem Alkohol, in den die Früchte für einen bestimmten Zeitraum eingelegt werden; der Fachmann spricht hierbei von Mazeration. Das Aroma der Frucht geht hierbei in den Alkohol über. Für einen Geist verwendet man Früchte, die aufgrund ihres geringen Zuckergehalts nicht zum Vergären geeignet sind, aber viel Aroma besitzen: zum Beispiel Himbeeren. Diese Mischung wird dann destilliert.
Tresterbrand, Grappa & Co
Ein weiterer hochprozentiger Vertreter bringt uns nach dem Ausflug in den Obstgarten zurück in den Weinberg: Er wird aus Trauben bzw. deren Rückständen hergestellt. Ein Viertel der Maische, die bei der Weinproduktion verarbeitet wird, ist feuchter Trester aus etwa 75 Prozent Schalen und 25 Prozent Kernen. Diese Melange wird verschieden weiterverarbeitet: als organisches Düngemittel im Wingert, zur Herstellung von Traubenkernöl oder eben zur Destillation von Bränden. Bei weißen Trauben ist im Trester noch eine größere Menge an unvergorenem Zucker enthalten, weswegen sie vor der Destillation weiter vergärt werden. Die Rückstände von roten Trauben können in speziellen Brenn-Apparaturen direkt destilliert werden. In Deutschland heißt das gewonnene Destillat Trester, in Italien Grappa oder in Frankreich Marc. Vor allem der Grappa wird gerne sortenrein produziert.