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2021 - ein verkapptes Kabinettjahr?

Besonders an der Mosel zeigt sich, wie heterogen der Jahrgang 2021 ausgefallen ist. Haben wir in den vergangenen Jahren gelobt, dass die Mosel inzwischen mit feinen, territorialen, vom Schiefer geprägten Rieslingen auch trocken kann, liegen wie in beiden Vorjahren Licht und Schatten nahe beieinander. Die besseren Rieslinge sind jahrgangstypisch schlank, klar mit schiefermineralischer Brillanz, Kühle und Würze. Einige Weine sind aber etwas zu leicht und für meinen Geschmack auch zu restsüß geraten. Ihnen fehlt es an Substanz, Tiefe und Länge, um dem Anspruch eines Großen Gewächses zu entsprechen. Man hat den Eindruck, einige dieser schlanken Ballerinen wären lieber Kabinette gewesen. Wie auch immer: Hier haben einige versucht, die hohe Säure des kühlen Jahres mit Restzucker zu kaschieren, was bei einigen Weinen den Eindruck von "Süß-Sauer" mit apfeligen und zitrischen Adstringenz-Noten hinterlassen hat.

An der Mosel war die Lese nicht minder herausfordernd als anderswo. Der viele Regen sorgte für Peronospora- und später Infektionsdruck mit Botrytisschüben. Glücklicherweise waren die Nächte kühl, so dass es zu keiner galoppierenden Fäulnis kam. "Auch der August blieb zunächst eher kühl und feucht, erst im September setzte endlich eine lang ersehnte spätsommerliche Witterung ein, die für ein Ausreifen der Trauben dringend benötigt wurde", schreibt mir Winzer Clemens Busch.

Ein Dank dem Spätherbst

Dieser Spätherbst hat den Jahrgang buchstäblich in letzter Sekunde gerettet. So gibt es auch 2021 in der sehr kleinen Spitze einige bemerkenswerte Rieslinge, die man sich als "Cool-Climate-Exemplare" in den Keller legen sollte. Es wird ohnehin spannend sein, wie die warmen und trockenen Jahrgänge wie 2018 bis 2020 einerseits und das feuchte und kühle Jahr 2021 anderseits in fünf bis zehn Jahren dastehen. Aus Erfahrung wissen wir, dass so mancher kühler Jahrgang die warmen Jahre à la longue überholt hat. Dennoch sehe ich 2021 insgesamt darunter.

Ich oute mich ja gerne als großer Moselfan: Was diese Region für mich so einzigartig macht, sind ausdrucksstarke Rieslinge, die mit wenig Alkohol und schiefermineralischer Finesse den Boden schmeckbar machen. Ich nenne sie Bergweine mit satter Schieferwürze. Genau das macht diese so spannende Region mit ihren beeindruckenden Steillagen und Terroirs aus. Das kühle Jahr war eigentlich prädestiniert für diesen scharf gezeichneten Riesling-Typus, was einige auch hervorragend umsetzten. Manche begnügten sich damit, dass die Weine schlank und rassig waren, aber ohne große Substanz und manche sind auch einfach zu säuerlich. Die schönsten Exemplare verbinden das Kühle und Tänzelnde mit Substanz und Komplexität. Wie die Weine von Clemens Busch, der mir in diesem Jahr wieder exzellent gefällt und mit seinem "Fahrlay-Terrassen" erneut ganz oben steht.

Ausgewogen und einfach spitze

2021 Pündericher Marienburg "Fahrlay-Terrassen" Riesling GG, Clemens Busch, Mosel: Herrlich mineralisches, breit gefächertes Bouquet mit reifen Zitrusfrüchten, Orangenabrieb und gelben Blüten, auch kräutrige und ätherische Nuancen. Sehr fokussiert im Duft und am Gaumen. Straffgezogen mit feinem, aber von saftiger, feinstrahliger Säure durchzogenem Schmelz, sehr ausgewogen. Wie aus einem Guss mit feinem Kernobst und Würze im schiefermineralischen Finale. Wie im Vorjahr: Gebietsspitze!

Weinwisser-Chefredakteur Giuseppe Lauria vergibt 18,5 Punkte. Das Trinkfenster gibt er mit 2023 bis 2030 an. Der Pündericher Marienburg "Fahrlay-Terrassen" kostet derzeit rund 59 Euro je Flasche. Es gibt ihn unter anderem bei Gute Weine.

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