Kommen die Mitglieder der Jury nicht auf einen gemeinsamen Nenner, wird das Getränk in einer Nachverkostung noch einmal präsentiert und geprüft.

Die Diskussionen können dabei sehr unterschiedlich sein. Manchmal geht es darum, ob etwa der Wein mehr Luft braucht und später noch einmal verkostet werden soll, manchmal wird darüber debattiert, ob ein Orangewein aus Silvaner sozusagen rebsortentypisch schmeckt. Ersteres lässt sich einfach lösen, der Wein wird von unserem Serviceteam später noch einmal ausgeschenkt. Auch der andere Punkt ist nicht kompliziert, Orangeweine sind schließlich eine Kategorie für sich und entziehen sich in der Regel dem sortentypischen Geschmacksmuster. Ähnliches gilt für manche Naturweine. Das ist dann gelegentlich ein Fall für eine spezielle Nachverkostungsrunde. Denn für speziellere Weine haben wir jeweils einige Fachleute dabei. Das hat aber nichts mit der Kompetenz der anderen Verkosterinnen und Verkoster zu tun. Denn nicht jedes Jurymitglied muss alles über alle Weinarten zu 100 Prozent wissen, die einen sind zum Beispiel ausgewiesene Riesling- oder Schaumweinspezialisten, die anderen sind Kenner internationaler Rotweine. Daher achten wir schon im Vorfeld darauf, dass die Stärken jedes Jurymitglieds berücksichtigt werden. Notfalls nehmen wir eine kurzfristige Umbesetzung vor, wenn der Wunsch geäußert wird, da man an diesem Tag vielleicht Weine mit weniger Säure bevorzugt.

Es kann aber schon einmal vorkommen, dass durch ein falsch gesetztes Häkchen bei der Anmeldung ein sehr holzbetonter Wein aus neuen Barriques in einer unstimmigen Reihenfolge an den Tischen serviert wird, etwa zwischen Weinen aus alten Fässern. Wer das schon selbst miterlebt hat, weiß, dass so ein "Ausreißer" bei einer Probe oft als störend empfunden wird. Dann sollte man in der Regel eine kleine Pause einlegen, um den Gaumen wieder zu neutralisieren. Dieser Wein wird dann später oder an anderen Tischen noch einmal verkostet, wir wollen ja jedem Wein gerecht werden.

Daher vernachlässigen wir auch den Aspekt der Weinfarbenbeurteilung. Denn eine optisch optimale Reintönigkeit ist für die geschmackliche Bewertung uninteressant. Sonst würden etwa stark filtrierte Weißweine von Großkellereien nur durch ihre Optik bereits eine bessere Gesamtnote erhalten und naturtrübe Weine Punkte verlieren. Das kann aber nicht im Sinne des Weingenusses und unserer Weinbewertung sein. Bei einem Wein sollte Make-up keine Rolle spielen. Wir wollen ihn ja trinken und nicht anschauen.