Weingespräche: Die Bedeutung des Terroirs

Weingespräche: Die Bedeutung des Terroirs

Seit wann ist ihnen Terroir ein Begriff?

Natürlich habe ich den Begriff nicht täglich vor Augen. Doch der Inhalt des Begriffs beschäftigt mich seit den 1960er Jahren. Ich weiß sogar noch den Auslöser. Damals wohnte ich in Düsseldorf. Ganz in der Nähe zu unserer Wohnung war ein kleiner Weinladen, der hauptsächlich Weine aus Baden anbot. In der Ladenauslage wurden stets Fotos aufgehängt, die zur Jahreszeit passten. Ich erinnere mich noch genau an ein Herbstbild von Oberbergen am Fuß des Kaiserstuhls. Das animierte mich zum Kauf eines Weines aus Oberbergen. Mehr noch: Im darauffolgenden Frühjahr besuchte ich Oberbergen. Ab da fuhr ich immer in für mich neue Weinbauregionen, besonders nach Italien bis nach Sizilien runter, und kaufte Wein direkt in den Weingütern. Ebenso besuchte ich Weingüter in Österreich, Frankreich, Südafrika oder in den USA. Bis heute bin ich neugierig auf die Weinberge und auf die Menschen, die dort Wein machen, also auf das Terroir.

Wird die Hinwendung zur Regionalität der landwirtschaftlichen Produkte, somit also zum Terroir, in anderen Ländern Europas ähnlich gehypt wie in Deutschland?

Terroir leitet sich in gewissem Sinn von der Appellation Contrôlée, abgekürzt AC, einem geografisch begrenzten Gebiet in Frankreich ab. Mit der Denominazione di Origine Controllata (DOC) hat Italien eine ähnliche Abgrenzung oder Spanien mit der D.O. Denominación de Origen eingeführt. Die Regionalität spielt in diesen Ländern also eine sehr bedeutende Rolle.

In Frankreich wurde die AC und somit der Regionalisierungsbegriff 1930 für alle Weinbaugebiete gesetzlich eingeführt. Deutschland folgte dieser Festlegung leider nicht. Selbst bei der Neuregelung des deutschen Weingesetzes im Jahr 1991 hat man den Begriff des Terroirs, als ein Synonym für die Bonität von Weinbergen oder begrenzten Anbauflächen, nicht berücksichtigt. Im Gegenteil: Man hat auch die Bezeichnung Naturwein abgeschafft – ein Riesenfehler, wie ich meine. Die Bonität und die Qualität für den Großteil des deutschen Weines wurden und werden teilweise heute noch über Öchslegrade und Anbaumengen definiert, nach dem Motto: „Je höher und je mehr, desto besser“.

In Deutschland war es vor allem der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP), der zu Beginn unseres Jahrtausends das Terroir wieder stärker in den Vordergrund gestellt hat.

Was machte der VDP besser?

Schon für die im Jahre 1910 gegründete Vorgängerorganisation, dem Verband Deutscher Naturweinversteigerer (VDNV), waren die Wahrung von Qualität und der Naturweingedanke ein Leitmotiv, das der VDP weiterentwickelt und weitergeführt hat. Er orientierte sich an der Klassifizierung im Bordeaux, die bereits 1855 festgelegt wurde. Damals wurden die Lagen nach fünf Kategorien klassifiziert: Fünf Premiers Crus, je vierzehn Deuxièmes Crus und Troisièmes Crus, zehn Quatrièmes Crus und achtzehn Cinquièmes Crus.

Im Jahr 2004 hat der VDP eine Klassifikation für seine Mitgliedsbetriebe, die bekannte VDP-Pyramide eingeführt. Der VDP hat den Begriff geprägt: „Je enger die Herkunft, desto höher die Qualität“

Wie sieht die Klassifizierung im Detail aus?

Basis der vierstufigen VDP-Pyramide sind die Bonitäten von Weinbergen und/oder Lagen und den daraus erzeugten Weinen – verbindlich für alle derzeit 202 Prädikatsweingüter des VDP. Für alle Stufen gilt: „Was auf der Flasche steht, muss auch zu hundert Prozent drin sein“. In der ersten Stufe, dem Gutswein dürfen nur Trauben aus gutseigenen Lagen in der Region verarbeitet werden. Bei der zweiten Stufe, dem Ortswein ist das Terroir bereits enger gefasst. Alle Trauben müssen auf gutseigenen Lagen innerhalb des Ortes, der auf dem Etikett steht, angebaut werden. Bei der dritten Stufe, Erste Gewächse, kommen alle Trauben aus einer bestimmten erstklassigen Lage des Weingutes mit optimalen Wachstumsbedingungen. Es sind Weine aus regionalen Rebsorten, die sich über viele Jahre durch hohe Qualitäten auszeichnen.

VDP Große Lage, sind Weine der vierten Stufe. Sie stammen aus den hochwertigsten Weinbergen, deren Lage parzellengenau abgegrenzt ist. Sie sind vergleichbar mit den französischen Grand-Cru-Lagen. Diese Lagen sind mit regional festgelegten Rebsorten bestockt, die zu dem jeweiligen Weinberg passen müssen. Es gilt eine strenge Mengenbegrenzung. Die Weine zeigen einen expressiven, unverwechselbaren Lagencharakter.

Kann ein VDP-Mitglied nach eigenem Gutdünken seine Große Lagen-Terroirs ausweiten?

Das wird nach meiner Kenntnis vom Verband geprüft, ledigliches Zupachten von Flächen in guten Lagen funktioniert nicht. Wenn die zugepachtete Fläche hinsichtlich Boden, Topografie, Bodenfeuchte, Sonneneinstrahlung und Klima nicht für ein Großes Gewächs oder eine Erste Lage geeignet ist, wird da nichts draus mit der Erweiterung.

Braucht man eine Große Lage um VDP-Mitglied zu werden?

Soviel ich weiß: Ja. Je höher ein Wein auf dieser vierstufigen Pyramide klassifiziert ist, desto höher ist die Qualität, bedingt auch durch Erntemenge, Anbaumethode, durch Ausbau im Keller. Große Gewächse von VDP-Weingütern liegen in einem Preissegment ab Weingut zwischen gut 20 bis 30 Euro bis weit über 50 Euro pro Flasche.

Terroir ist somit nicht das, was Discounter in ihrer Weinbeschreibungen herausarbeiten!

Im Lebensmitteleinzelhandel spielt der Begriff keine so große Rolle. Die genaue Lagenbezeichnung ist dort nicht entscheidend. Da geht es um die Weinsorte, aber vor allem um den Preis.