Weingespräche: Die Bedeutung des Terroirs

Weingespräche: Die Bedeutung des Terroirs

Der langjährige Chefredakteur von bild der wissenschaft, Wolfgang Hess, – jetzt im Ruhestand – im zweiten Fachgespräch mit Karl-Ernst Schmitt, dem Ehrenbruderschaftsmeister der Weinbruderschaft Heilbronn. In dieser Folge geht es vor allem um die Bedeutung des Terroirs sowie um die Klassifikationen des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP).

Terroir des Weinberges
Weinberg / Foto: unsplash.com/Dan Meyers
Wolfgang Hess: Wer unter Terroir bei Wikipedia nachliest, erfährt, dass es für diesen aus dem Agrarbereich Frankreichs stammenden Begriff keine eindeutige deutsche Übersetzung gibt. Doch Weinkenner nehmen den Begriff inzwischen sehr gerne in den Mund und erwecken den Eindruck, dass es sich hierbei um etwas Wertiges handelt. Wie sieht das denn der Ehrenbruderschaftsmeister der Weinbruderschaft Heilbronn?

Karl-Ernst Schmitt: In der Tat ist das ein vieldiskutierter Begriff. Die beste Interpretation hat für mich die bekannte Weinjournalistin Jancis Robinson gegeben. Sie sagt: „Das Terroir umfasst die gesamte natürliche Lage eines Weinbaubereiches, einer Weinlage oder eines Weinberges“. Prägend für ein Terroir sind somit natürliche Gegebenheiten: Der Boden, die Topografie, die Bodenfeuchte, die Sonneneinstrahlung und das Klima sind von der Natur weitgehend vorgegeben …

…wobei wir Menschen gerade einen globalen Klimawandel verursachen.

Ich erweitere diesen natürlichen Bereich daher gerne um den Menschen. Denn der Mensch beeinflusst das Terroir zunehmend. Die von uns mitverursachte großräumige Klimaveränderung ist offensichtlich. Doch auch positiv gesehen prägt der Mensch das natürliche Terroir immer stärker durch sein Wissen. Es ist wichtig, die negativen Einflüsse des Klimawandels auf den Weinbau zu begrenzen und gegenzusteuern. Zum Beispiel durch veränderte Anbaumethoden oder durch die Züchtung und den Anbau resistenterer Rebsorten.

Im Rheingau wird beispielsweise seit über tausend Jahren Riesling angebaut. Die Winzer gaben ihr Wissen um den Riesling-Anbau von Generation zu Generation weiter. Jüngere Winzer sind heutzutage oft durch Hochschule und Auslandspraktika weitergebildet. Die praktische Weitergabe von Weinwissen aus früheren Generationen gepaart mit dem theoretischen Überbau – auch über die Auswirkungen des Klimawandels – überprägt das Terroir heute weit mehr als früher.

Wo bleibt da die Rebsorte?

Die ist ursächlich mit dem Terroir verknüpft. Sie wird durch das vorhandene Terroir beeinflusst und geprägt. Auch hier beeinflusst der Mensch, sprich Winzerin oder Winzer, durch seine Erfahrung und sein Wissen, welches Terroir für eine bestimmte Rebsorte optimale Wachstumsbedingungen bietet.

Bei einem exklusiven Weingut im Burgund habe ich erlebt, dass Winzer noch heute Pferde zur Bearbeitung ihrer Weinberge einsetzen. Ist das dann auch ein Bestandteil des dortigen Terroirs?

Für mich ist das eher ein Teil einer ökologischen Bewirtschaftungsform und nicht primär des Terroirs.

Ist der zunehmende Gebrauch des Begriffs Terroir auch ein Marketinginstrument?

Den Verbrauchern wird gesagt, dass regional kaufen das Gebot der Stunde sei – etwa um Ressourcen zu schonen oder die regionale Wirtschaft zu stärken. Dieser regionale Imperativ oder, wenn man so will, dieser Trend der Verbrauchersteuerung funktioniert auch bei anderen Agrarprodukten, etwa bei Schwarzwälder Schinken, Fränkischer Braugerste oder Obst aus der Bodenseeregion