Das liegt vor allem an der veränderten Lese- und Ausbauart von engagierten Winzern. Deren heutige Resultate lassen sich mit den meist süßlich-langweiligen Brot-und-Butter-Weinen der alten Schule aus Massenrebhaltung nicht vergleichen.

Dennoch wird der Müller immer noch weit unterschätzt, mit den entsprechenden Weinbergen und Engagement des Winzers aber können hier hervorragende Weine von Qualität und Langlebigkeit entstehen. Das meinen auch Winzer, die in den Vorjahren bei diesem Wettbewerb überzeugen konnten. "Das schöne an der Rebsorte ist deren Vielseitigkeit und Wandelbarkeit", berichtet Rainer Zang vom fränkischen Öko-Weingut Zang. "Die Kunst besteht darin die Erträge der Rebstöcke bewusst geringer zu halten, um aus dem oft einfachen Zech-Wein einen komplexen und vielschichtigen Tropfen erzeugen zu können, der das Aromapotential der Rebsorte, muskat-würzig, Apfel, Steinfrüchte, Wiesenkräuter und erdiger Grip, voll auszuschöpfen kann."

Das sieht sein Kollege Thomas Fröhlich, Chef des Weinguts Ilmbacher Hof in Franken, ähnlich. "Wir haben zwei ganz unterschiedliche Stilrichtungen an Müller-Thurgaus in unserer Weinkollektion. Zum einen die moderne Variante unter dem Namen Edition. Hier werden die Trauben noch ziemlich grün und kerngesund geerntet. Ziel ist es einen im Alkohol moderaten, frischen Typus vom Müller auszubauen. Dies erreiche ich durch eine kühle Vergärung bei 14 Grad und einem ausgeglichenen Süße-Säure-Verhältnis."

Bei den Alten Reben geht Thomas Fröhlich einen ganz anderen Weg. Die Reben sind 44 Jahre alt und die Wurzeln reichen tief in den Gipskeuer hinein. Dort können sie die typische Keuper-Mineralität tanken. "Das leicht salzig-würzige Momentum im Abgang machen diesen Wein so besonders. Ich habe einfach Bock auf die Rebsorte und besitze glücklicherweise tolle alte und vitale Rebanlagen die dazu noch wunderbare Trauben hervorbringen."

Manche kennen den Müller-Thurgau nur unter der Bezeichnung Rivaner, eine Wortschöpfung aus Riesling und Silvaner. Denn diese Reben sah man lange Zeit irrtümlich als Eltern an. Dabei wurde diese Sorte von Hermann Müller-Thurgau in der Forschungsanstalt Geisenheim im Jahr 1913 aus Riesling x Madeleine Royale gezüchtet. Nun kann die Sorte in diesem Jahr ihr 110-jähriges Jubiläum feiern. Und gerade jetzt passt auch der Zeitpunkt unserer Verkostung. "Der Müller-Thurgau ist für mich der perfekte Frühlings- und Sommerwein", meint etwa Ralf Kreutner, Verkaufsleiter bei der Winzergenossenschaft Oberbergen. "In der Spargelzeit ist er ein hervorragender Begleiter des Edelgemüses. Und bei einer Sommerparty gibt es für mich eigentlich keine Alternative zu einem gut gekühlten, spritzigen Müller-Thurgau."