Winzergenossenschaften des Jahres
Die Qualitätsbreite und -dichte der Weine von deutschen Genossenschaften haben seit einigen Jahren ein beachtliches Qualitätsniveau erreicht.
Das freut auch unseren Chefredakteur, der seit langem diese Entwicklung und die lebhaften Diskussionen zwischen zielstrebigen Vorständen und Winzern einerseits und andererseits eher traditionell denkenden Genossenschaftsmitgliedern über die Frage verfolgt, ob mehr Qualität oder mehr Quantität sinnvoll sei. Nun, die Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass sich mittlerweile Weine von engagierten Genossenschaften nicht mehr vor der privaten Konkurrenz zu verstecken brauchen.
Bitte nicht wundern, wenn sich zwei Winzergenossenschaften einen Platz teilen. In diesen Fällen gab es nur minimale Unterschiede, so dass wir keine Abstufungen machten. Denn bei einem Weinwettbewerb, wo jeweils die acht besten Weine eines Betriebes für das Gesamtergebnis herangezogen werden, ist eine Gesamtdifferenz von 0,1 Punkten unseres Erachtens nach vernachlässigbar.
Wolfgang Hubert hat Führungskräfte einiger der besten Genossenschaften interviewt.
Zunächst unsere herzlichen Glückwünsche für Ihre Platzierung. Was macht denn Ihre Genossenschaft so erfolgreich?
Sebastian Häußer, Oenologe und Betriebsleiter der Felsengartenkellerei Besigheim: Wir freuen uns riesig über die Auszeichnung zur „Winzergenossenschaft des Jahres 2023“, die wir voller Freude und Stolz wie bereits im Vorjahr entgegennehmen dürfen. Auch von unseren Kunden bekommen wir für die „Weine mit der goldenen Eidechse“ sehr positive Rückmeldungen, sowohl für den Flascheninhalt, als auch für die Optik und unseren Service. Unser Erfolg basiert auf motivierten qualitätsorientierten Weingärtnern im Zusammenspiel mit einer motivierten Mannschaft mit Leidenschaft sowie Fingerspitzengefühl für die Vinifizierung.
Stephan Danner, Geschäftsführender Vorstand der Durbacher Winzergenossenschaft: Ein Teil unseres Erfolges liegt in der Konstanz. Seit Jahrzehnten spielen wir ganz oben mit, bei nationalen und internationalen Prämierungen. Als Genossenschaft mit 330 Hektar Rebfläche trotzen wir schon seit Jahren der leider vorherrschenden Meinung, dass nur ganz kleine Betrieb tolle Qualitäten machen können. Wir rennen nicht jedem Trend hinterher und ernten etwa unsere Trauben erst dann, wenn sie reif sind. Ein fest etablierter Qualitätsgedanken ist das Geheimnis unseres Erfolges. Alles andere ergibt sich aus dieser inneren Überzeugung.
Martin Benz, Leiter Direktvertrieb und Marketing der Oberkircher Winzer: Die Oberkircher Winzer stehen für höchste Qualitäten und Nachhaltigkeit im Weinberg und Keller. Emotion und verkörpert mit jedem Schluck unsere sonnenverwöhnte Heimat zwischen Rheinebene und Schwarzwald. Mit dem Vertrauen in uns selbst und unsere Stärken, unserer Erfahrung und konsequentem Qualitätsmanagement schaffen wir hochwertige Weine, die regelmäßig prämiert und ausgezeichnet werden. Das macht uns stolz und ist gleichzeitig Ansporn und Verpflichtung, unsere Führungsposition weiter auszubauen. Wir haben verstanden, dass es uns in die Zukunft trägt, Tradition zu bewahren und Neuem offen gegenüberzustehen und stetig und konsequent an der Weiterentwicklung unserer Erzeugnisse zu arbeiten. Vorausdenkend und mutig gehen wir unseren Weg mit dem Ziel, Wein immer wieder neu zu denken und für Sie erlebbar zu machen.
Patrick Chelaifa, Geschäftsführender Vorstand der Bickensohler Weinvogtei: Wir haben ein junges, hochmotiviertes Team, welches Hand in Hand mit unseren jungen und erfahrenen Winzern zusammenarbeitet. Unsere Böden und unser Mikroklima machen unsere Weine einzigartig.
Martin Frank, Geschäftsführer beim Winzerverein Meersburg: Den Grundstein hierfür legen unsere 25 Winzerfamilien in ihren Reben. Die Rohdiamanten der Winzer bringt unser Kellermeister mit sehr viel Verliebtheit ins Detail zum Leuchten. Und letztendlich honoriert unsere Kundschaft mit ihrem Einkauf die einzigartigen Geschmacksprofile unserer Bodenseeweine. Die fruchtige, frische Leichtigkeit unserer Weine, gepaart mit verspielter Säure- und Restsüße, soll das Weinerlebnis von „einem Maul voll Wein“ vermitteln.
Welche Weine und Rebsorten stehen bei Ihnen im Fokus und weshalb?
Sebastian Häußer: Aufgrund der starken Nachfrage unserer Kunden beschäftigen wir uns intensiv mit kräftigen roten Rebsorten wie Lemberger, Cabernet Dorsa, Merlot und Cabernet Franc aus denen wir farbintensive Rotweine bereiten und trinkreif abfüllen. Desweiteren haben wir ausgehend vom Kunden Roséweine aus Pinot Noir und Pinot Meunier im Bereich Stillwein, Perlwein und Schaumwein entwickelt und werden mit hohem Absatzzuwachs belohnt. Außerdem kitzeln wir möglichst viel an Aroma aus Rebsorten wie Muskateller, Traminer und Sauvignon Blanc oder auch Muskat-Trollinger – zur Freude unserer Kunden.
Stephan Danner: Bei uns ganz groß im Fokus steht natürlich unser „Klingelberger“ (Riesling). Hier bewirtschaften wir eine Fläche von 94 Hektar, rund 28 Prozent der Gesamtfläche. Ein Riesling in Baden ist eigentlich selten, aber unser Granitverwitterungsgestein sorgt dafür, dass unsere Klingelberger eigentlich unverwechselbar werden. Diese Chance nutzen wir, da es fast ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.
Als Zweite Besonderheit in unserem Weindorf gilt der Clevner (Traminer). Diese Rebsorte ist sehr selten geworden und wird nicht mehr viel angebaut. Mit einer Fläche von 10 Hektar gehören wir in Europa zu den größten Produzenten. Die Weine sind meist halbtrocken oder restsüß ausgebaut und von herrlichem Duft.
Martin Benz: Wie in ganz Baden stehen bei uns die Burgundersorten im Fokus. Als traditionelles Spätburgunder-Anbaugebiet haben wir in den letzten Jahren verstärkt an unserer Rosé-Stilistik gearbeitet. Die Rebflächen der Sorten Grau- und Weißburgunder sind gestiegen. Ein besonderes Augenmerk legen wir seit 20 Jahren auf die Sorte Merlot. Durch die Klimaerwärmung sehen wir diese Sorte in unseren steilen Südlagen hervorragend aufgehoben. Durch Umstockungen in den vergangenen Jahren sind wir der größte Merlot-Anbauer in Baden.
Seit nunmehr 30 Jahren bauen wir die Sorten Chardonnay und Cabernet Sauvignon an, deren im Barrique ausgebauten Weine eine treue Stammkundschaft haben. In den letzten Jahren sind außerdem kleinere Flächen an Syrah, Lagrein, Tempranillo und Viognier dazu gekommen. Außerdem setzen wir uns schon seit längerem mit dem Thema pilzresistente Rebsorten auseinander, um Pflanzenschutz in den Weinbergen auf das Minimum zu reduzieren.
Patrick Chelaifa: Bei den Rebsorten liegt unser Fokus auf den Burgundersorten wie auch dem Chardonnay. In Bickensohl herrschen beste Voraussetzungen für diese Rebsorten. Bickensohl liegt im Herzen des großen, längst erloschenen Vulkans, der den Kaiserstuhl ausmacht. Diesem Vulkan verdanken wir die einzigartige Lage unserer Weinterrassen – mitten in einer der sonnenreichsten und wärmsten Regionen Deutschlands. Ein mediterranes Klima mit heißen Sommern und milden Wintern in Kombination mit dem typischen Boden aus mineralstoffreichem Vulkanverwitterungsgestein und fruchtbarem Löss machen unsere Weine unverkennbar. Vom frühen Morgen bis in die Abendstunden genießen unsere Weinberge wärmende Sonnenstrahlen. Im Boden gespeicherte Tageswärme wird nachts an die Reben abgegeben – ideale Voraussetzungen für Burgunderweine.
Martin Frank: Jede Region ist einzigartig – so auch die traditionelle Bodenseerebsorten Müller-Thurgau. Natürlich gibt es den Müller-Thurgau in ganz Deutschland. Aber den ausdruckstärksten Müller-Thurgau gedeiht halt am Bodensee. Drum. „Schuster bleib bei deinen Leisten“.
Winzergenossenschaften des Jahres, Top 5
1. Felsengartenkellerei Besigheim, Württemberg
1. Vier Jahreszeiten Winzer, Pfalz
2. Winzergenossenschaft Königschaffhausen-Kiechlinsbergen, Baden
3. Durbacher Winzergenossenschaft, Baden