"Ich bin jung, neugierig, abenteuerlustig und reise gerne durch fremde Länder, wenn es die Arbeit erlaubt, weil mich das Unbekannte reizt." Nein, das ist kein Text auf irgendeiner Partnerbörse, sondern Julias Statement über ihre privaten Zukunftspläne. Zugegeben, das kollidiert etwas mit ihren beruflichen Gedankenspielen innerhalb der nächsten 10 Jahre. "Ich sehe ein klar strukturiertes Familienweingut mit einer einzigartigen Weinstilistik, die Weintrinker aber auch Kritiker packen und begeistern", meint die Jungwinzerin. Dann serviert sie umgehend eine Einschränkung, die nicht nur einer Jungunternehmerin bestens zu Gesicht steht.

"Nicht alleine der Erfolg sollte im Vordergrund stehen, nachhaltige Ressourcennutzung steht ebenso auf unserem Plan und sollte jedermann vor Augen gehalten werden."

Ein klares Signal der Kellerherrin über eine stolze Rebfläche von 40 Hektar rund um das höchstgelegene Weindorf Rheinhessens.

Ein Betrieb dieser Größe ist natürlich alleine nicht zu stemmen, Mutter Simone Becker-Schittler managt den Weinverkauf sowie die Gutsschänke und Vater Hans-Jürgen Schittler ist für den Weinanbau verantwortlich.

Doch zuerst ein Blick zurück. Einen ersten eigenen Wein gab es im Grunde nicht. Sie arbeitete sich Step-by-step ein und bekam schon bald die Verantwortung für die Kellerarbeit. Mit dem 2015er Jahrgang kam dann ihr bisher größtes Projekt, eine Weinlinie unter ihrem Namen. Quasi als Ergänzung zum breiten Sortiment des Familienbetriebs, der als Vereinigte Weingüter Schittler & Becker firmiert. Und für den sie natürlich weiterhin die Weine ausbaut.

Aber es ist ein besonderer Ansporn, wenn der eigene Namen das Etikett verziert. Sozusagen ganz angekommen im Traumberuf, wie Julia ihre Arbeit bezeichnet. Natürlich gäbe es auch in dieser Branche Rückschläge, die Kunst sei es jedoch, aufs Neue aufzustehen und oben einen draufzusetzen. Und das wird nach ihrer Ansicht der 2018er Jahrgang. "Neue Projekte mit richtig geilem Stoff ", verspricht sie.

Bis der auf die Flaschen kommt, kann man sich mit ihren Weinen aus den beiden Vorjahren trösten. Etwa aus ihren Lieblingsrebsorten Riesling und Weißer Burgunder, die besonders gut zur würzigen, scharfen asiatischen Küche passen, die Julia so mag. Wenn die Technikerin für Weinbau und Önologie dann mal wieder das Reisefieber packt, reist sie von Neuseeland über Südafrika bis nach Südamerika und besucht kleine, unbekannte Weingüter. Kein Wunder, dass ihr Schlusswort so ausfällt: "Ich empfinde meine Arbeit als Work-Life-Balance in Verbindung mit richtig großem Business.“

WOLFGANGS FAVORIT

Der trockene Riesling Gottesgarten aus einer kleinen Lage am Rande des Zornheimer Bergs überzeugt mit seinen verführerischen Aromen von Pfirsich und Zitrusfrüchten, garniert mit "mineralischem Charme", so Julia. Sehr gut gelungen ist außerdem der 2017 Sylvaner trocken Guldenmorgen aus alten Anlagen, der durch den Ausbau im großen Stückfass und Spontanvergärung nach gelben Früchten und feinen Rauchnoten duftet.

www.schittler-becker.de