Winzer-Plädoyers für Müller-Thurgau und Rivaner
Der beste Müller aller Zeiten ist, für etwas ältere Fußballfans, der Gerd aus Bayern, für jüngere der Thomas, der zur Zeit bei den Münchner Bayern spielt. Weißweinfans dagegen halten den Hermann für den Star. Denn der Professor aus dem Schweizer Kanton Thurgau züchtete in der Forschungsanstalt Geisenheim aus den Sorten Riesling x Madeleine Royale den 1913 nach ihm benannten Müller-Thurgau. Manche kennen die Sorte unter der Bezeichnung Rivaner, eine Kombination der Worte Riesling und Silvaner. Denn diese Sorten sah man lange Zeit als Eltern des Müller-Thurgau an.
Welchen Namen man auch immer bevorzugt, die Sorte mit ihrer milden Säure und einer feinfruchtigen Muskatnote steht mit rund 12.000 Hektar Rebflächen an zweiter Stelle des deutschen Weißweinrebsortenspiegels. Die Weine gelten in der Regel als unkomplizierte Alltagsweine. Na und, unser Alltag ist meist kompliziert genug. Was ein Grund für die Wiederentdeckung der Sorte sein mag.
Wir haben ein paar Winzer interviewt, wie sie diese Rebsorte beurteilen. Hier unsere Fragen:
1. Die Müller-Thurgau-Weine haben vor allem bei zahlungskräftigeren Weintrinkern oft einen schlechten Ruf. Wie überzeugen Sie denn Ihre Kunden, Weine aus dieser Sorte zu kaufen?
2. Zu welchen Gelegenheiten trinken Sie Müller-Thurgau bevorzugt?
3. Wie könnte man denn diesen Weinen wieder zu einem besseren Image verhelfen?
Thomas Fröhlich, Weingut Ilmbacher Hof
1. Der Müller ist für das Anbaugebiet Franken ideal geeignet. Er bringt tolle Weine von feiner Würze und Mineralität hervor. Auf unseren Böden vom Gipskeuper ist dies deutlich zu schmeckbar. Ein weiterer Punkt ist die Ertragsstärke. Auch in schwierigen Jahren mit Wetterkapriolen bringt sie einen sicheren Ertrag. Dies beweist der Müller nach dem starken Spätfrost, Mitte Mai, einmal mehr. Auch im Anbau erweist sich die Rebe als robust und es lässt sich gut mit ihr arbeiten. Nicht umsonst sind knapp 30 Prozent der fränkischen Rebfläche mit dem Müller-Thurgau bestockt, gleich auf mit dem Silvaner. Der Müller wird immer noch weit unterschätzt, mit den entsprechenden Weinbergen und der Leidenschaft des Winzers können hier hervorragende Weine von Qualität und Langlebigkeit entstehen.
2. Wir haben zwei ganz unterschiedliche Stilrichtungen an Müller-Thurgaus in unserer Weinkollektion. Zum 100. Geburtstag der Rebsorte in Franken, habe ich 2013 eine moderne Variante entwickelt unter dem Namen „Edition 100“. Hier werden die Trauben noch ziemlich grün und kerngesund geerntet. Ziel ist es einen im Alkohol moderaten, frischen Typus vom Müller auszubauen. Dies erreiche ich durch eine kühle Vergärung bei 14 Grad und einem ausgeglichenen Süße-Säure-Verhältnis. Es steht ganz klar die Frische und Eleganz im Vordergrund. Mittlerweile sind wir bei unserer Edition 109 angelangt und Nr. 110 hängt schon im Weinberg.
Bei den Alten Reben gehen wir einen ganz anderen Weg. Die Reben sind 44 Jahre alt und die Wurzeln reichen tief in den Gipskeuer hinein. Dort können sie intensiv die typische Keuper-
Minerlität tanken. Diese kann dank niedrigster Erträge auch erschmeckbar werden. Das leicht salzig-würzige Momentum im Abgang machen diesen Wein so besonders. Dies funktioniert nur, wenn die Trauben bis zum absoluten Maximum am Stock verbleiben und hochreif geerntet werden. Da bleibt zwar nur eine kleine Menge an Saft übrig, der dafür aber aufgeladen ist mit Oechsle und Extraktstoffen. Für einen Müller-Thurgau ist dieser Wein dann auch sehr ungewöhnlich, da man ihn in dieser Qualitätsstufe so nicht erwarten würde.
Daher wird er bei uns im Weingut auch immer blind verkostet um das anschließende Aha-Erlebnis noch zu vergrößern. Für mich ein „Großes Gewächs“ vom Müller und mein absoluter Lieblingswein.
3. Ich denke so viel mach ich gar nicht anders als meine Kollegen. Natürlich scheine ich ein Händchen für den Müller-Thurgau zu haben, sonst würde ich wohl nicht bereits zum dritten Mal in Folge einen Preis für meine Müller-Thurgau-Kollektion erhalten. Ich habe einfach Bock auf die Rebsorte und besitze glücklicherweise tolle alte und vitale Rebanlagen die dazu noch wunderbare Trauben hervorbringen.
Ralf Kreutner, Verkaufsleiter bei der Winzergenossenschaft Oberbergen
1. Zunächst grundsätzlich: Ein spritziger, frischer und fruchtiger Müller-Thurgau oder auch Rivaner kann der Begleiter eines kompletten, langen Abends sein – im Gegensatz zu einem schweren, kräftig-intensiven Wein, welcher vielleicht bereits beim zweiten Glas „satt“ macht. Das er dabei meist „nicht teuer“ ist kann nur als weiteres positives Argument gesehen werden. Hier in Oberbergen bieten wir den Müller-Thurgau seit vielen Jahren in allen Qualitätsstufen an: Vom „einfachen“ Landwein bis hoch zur Trockenbeerenauslese. Das Gros der Müller-Thurgau Trauben wächst in den höchsten Lagen zwischen 350 und 400 Höhenmetern – wir bezeichnen ihn mit einem leichten Schmunzeln als unseren „Wein aus den Gebirgslagen“. Und deshalb haben diese Trauben vielleicht auch einen etwas anderen Charakter als anderswo.
2. Der Müller-Thurgau ist für mich der perfekte Frühlings- und Sommerwein. In der Spargelzeit ist er ein hervorragender Begleiter des Edelgemüses. Und bei einer Sommerparty gibt es für mich eigentlich keine Alternative zu einem gut gekühlten, spritzigen Müller-Thurgau. Und das Schöne dabei ist: Meist trifft man hier auch den Geschmack seiner Gäste.
3. Darüber haben wir uns schon sehr viel Gedanken gemacht und auch einiges bereits dafür getan. Hier einige Punkte:
Die saisonalen Sonderfüllungen „Frühlingsbote“ und „Sommer-Ouvertüre“ erfreuen sich seit den 90er bzw. 00er Jahren einer sehr hohen Nachfrage.
Die Kabinett Qualitäten werden aus selektionierten Anlagen gelesen. Dadurch erreichen sie bei verschiedenen Prämierungen immer hervorragende Ergebnisse.
Mit dem Rivaner aus der Serie „Edition BL“ ist unserem Kellermeister durch Spontangärung und Lagerung im Barrique eine ganz besondere Spezialität gelungen.
Alle paar Jahre gelingen dann absolute Ausnahmeweine, wenn wieder einmal eine Beerenauslese oder sogar Trockenbeerenauslese geerntet werden kann.
Und, „last but not least“, kann der Müller-Thurgau einer Weißwein-Cuvée eine fruchtig-florale Note verleihen – hier in Oberbergen zum Beispiel beim „7/7-Ein Wein für jeden Tag“ oder dem „Oberbergener Baßgeige Rebstück #Weiss“.
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