Ende letzten Jahres erhielt ich die Nachricht, dass ein Portwein des Jahrgangs 1863 aus dem Hause Niepoort in einer edlen 1,5 Liter Glaskaraffe in Hongkong für über 100.000 Euro versteigert wurde. An diesen Portweinjahrgang kann ich mich noch sehr gut erinnern. Nein, so alt bin ich nun auch nicht, aber ich konnte diesen bislang teuersten Port aller Zeiten vor einigen Jahren bei einer hochkarätigen Veranstaltung in der Nähe von Lissabon probieren, dazu einen 1900er und viele andere alte Portweine aus den renommiertesten Häusern. Ein besonderes Erlebnis waren sie alle. Und das Alter hatte sie fast durchgängig noch besser werden lassen.

Meinen bisher ältesten Wein durfte ich im vergangenen Jahrzehnt auf der Insel Madeira verkosten, während Recherchen für ein Weinbuch über Portugal. Der damalige Besitzer von Barbeito schenkte mir ein Gläschen eines 1834ers Madeiras ein, den seine Eltern irgendwann von einem Miniproduzenten gekauft hatten. Es war fast der Rest der letzten Flasche. Eine Ehre für mich und ein Hochgenuss für meine Sinne.

Nun gut, hochwertige Port- und Madeiraqualitäten haben generell ein stolzes Reifevermögen. Was mich aber besonders überraschte war die Verkostung sehr gereifter trockener Silvanerweine. Bei einer Raritätenprobe im Fürstlich Castell`schen Domänenamt konnte ich vor ein paar Wochen Weine älterer Jahrgänge des Hauses probieren. Eines der Highlights war ein 1959er Casteller Silvaner trocken, der bei unseren Verkostungen wohl Top-Gold erhalten hätte. Für einen 60 Jahre alten Wein besaß er noch eine erstaunliche Frische und enorm elegante Aromen. Auch der älteste Silvaner, ein 1957er mit 0 Gramm Restsüße und einem Alkoholgehalt von nur 7,5 Volumenprozent, war noch überraschend angenehm trinkbar.

Natürlich hat nicht jede Weingenießerin und jeder Weingenießer Platz im Keller für eine längere und richtige Lagerung. Aber man sollte sich durchaus einmal das Vergnügen gönnen, einen Wein mit Reifepotenzial eventuell auch bei einem Winzer oder gutem Weinhändler einzulagern und ihn nach einigen Jahren zu trinken. Wenn möglich mit dem selben Wein eines jungen Jahrgangs.

Doch Vorsicht, das kann im schlimmsten Fall zu einem Lagerungssuchtverhalten führen. Ich weiß zwar nicht, wer da wirklich Abhilfe schaffen könnte, zur Not aber fragen Sie die Drogenbeauftragte der Bundesregierung oder laden Sie genussfreudige Leute aus ihrem Freundeskreis ein.