Flaschenkrise: Lieferschwierigkeiten bei Weinflaschen
Auch das noch. Viele Winzer müssen oder mussten teilweise bis zu sechs Monate auf die Lieferung von Weinflaschen und anderen Utensilien warten. Welche Auswirkungen das für Weingüter und Verbraucher hat.
Flaschenalarm gibt nicht nur der Fränkische Weinbauverband, der vor allem um den Bocksbeutel besorgt ist, betroffen sind nahezu alle Weinregionen. Das liegt zum größten Teil an den Unterbrechungen der Lieferketten gerade seit dem Ukraine-Krieg, da Russland und die Ukraine zuvor viel Glas exportierten. Zum Teil auch an der gestiegenen Nachfrage der größeren Mineralwasserproduzenten, die seit drei, vier Jahren wieder vermehrt auf Glas- an Stelle von PET-Flaschen setzen.
Ungewohnte Lieferzeiten
Aber nicht nur die Flaschenversorgung ist für die Winzer schwieriger geworden. Auch für die passenden Verschlüsse gab und gibt es ungewohnte Wartezeiten. Lieferzeiten von bis zu 20 Wochen sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Entsprechend mussten die betroffenen Betriebe ihre Abfüllungen verschieben. Statt Sommerwein quasi Wein für die Festtage. Und wenn alles gefüllt und versandbereit ist, muss man eventuell auch noch Wochen auf die Weinkartons warten. Wer in den letzten Monaten darauf hoffte, alles wie sonst „Just in Time“ zu erhalten, hatte Pech. Und dazu werden Flaschen und Co erheblich teurer.
Was aber bedeutet das letztlich für die Branche und die Konsumenten? Ein Großteil der Winzer bestellt üblicherweise die Flaschen und Verschlüsse ein Jahr im Voraus. Aber eben nicht alle, so dass etliche Weine später auf den Markt kommen. Wie sich das für die betroffenen Winzer auswirken wird, wird man erst in den nächsten Monaten wissen. Für die Verbraucher gab und gibt es zur Not oder zum Glück Alternativen, falls man seinen Lieblingswein vom Lieblingswinzer erst später bekommt.
Vorrat anlegen
Wie sich die Preise entwickeln, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Denn die gestiegenen Kosten, der Mindestlohn erhöht sich ja auch, betragen zwar nach Meinung etlicher Experten 30 Prozent und mehr, ohne Berücksichtigung der Energiekosten. Aber die Mehrbelastungen werden nach Branchenmeinung bei weitem nicht komplett auf die Verkaufspreise aufgeschlagen. Quasi vorsichtige Entwarnung. Und wie könnten die Weinkonsumenten darauf reagieren? Am besten jetzt einen Vorrat anlegen. Das hilft den Winzern momentan finanziell und ein paar Flaschen mehr im Hause zu haben, schadet ja nicht.
Andere Flaschen, gleicher Inhalt
Angesichts der Flaschenengpässe kann es vorkommen, dass mancher Wein etwa statt in einer Bordeauxflasche nun in einer Schlegelflasche abgefüllt wird. Oder die Flaschenfarbe ist nicht braun sondern grün. Eine Besonderheit könnte es beim Bocksbeutel geben. Da diese Flaschenform auch in Normalzeiten erheblich teurer und momentan schwerer zu beschaffen ist, überlegen sich derzeit viele fränkische Winzer, ob sie nicht zumindest einen Teil ihres Sortiments in gängigere Flaschen abfüllen werden. Das mag vermarktungstechnisch vor allem für Winzer eine Hürde sein, die den Lebensmitteleinzelhandel beliefern. Da hilft nur eine gute Kommunikation. Denn die Qualität des Inhalts ändert sich ja nicht wegen einer Flaschenform.
Auch stellt sich die Frage, ob man etwa bei den Einstiegsweinen auf günstigeres Leichtglas umschwenken sollte oder auf die vor allem in Skandinavien beliebten Bag in Boxes in verschiedenen Größen. Über beides würden sich jedenfalls die Paketzusteller sehr freuen. Die derzeitige Beschaffungskrise bietet trotz aller Unwägbarkeiten eben auch Chancen für zumindest kleinere Veränderungen.
Sie möchten Jurymitglied werden?
Wolfgang Hubert arbeitet als Weinjournalist, Weinkritiker und Buchautor. Seit vielen Jahren ist der Nürnberger Chefredakteur und oberster Weinjuror bei „selection“. In der Rubrik "Huberts Weinecke" schildert er seine persönlichen Ansichten rund um Weinthemen.